Die Welt hielt den Atem an, als bekannt wurde, dass Laura Dahlmeier, die 28‑jährige deutsche Bergsteigerin, in einer tödlichen Lage im Karakorum umkam. Der Unfall ereignete sich im Latok‑Gruppen‑Gebiet, rund 5.800 Meter über dem Meeresspiegel, wo Helikopter ab 5.000 Meter schlicht nicht mehr fliegen können. Noch am selben Tag wurden ihr Vater Andreas Dahlmeier, der erfahrene Alpinist Thomas Huber und der US‑Kletterer Tad McCrea mobilisiert – doch die militärische Verzögerung einer Rettungshubschrauber‑Entsendung aus Islamabad machte das Unvermeidliche besiegelt.
Hintergrund: Das Latok‑Gebirge und seine Gefahren
Die Latok‑Gruppe, ein Teil der Karakorum‑Kette im Norden Pakistans, gilt als einer der technisch anspruchsvollsten Kletterabschnitte der Erde. Die Gipfel Latok I (7.145 m), II (7.108 m), III (6.949 m) und IV (6.797 m) liegen etwa 100 km südöstlich von K2 und bilden ein felsiges Labyrinth, das selbst erfahrene Alpinisten vor Herausforderungen stellt. Auf 5.800 Meter liegt der Luftdruck bei knapp 50 % des Meeresspiegels – das bedeutet halbe Sauerstoffversorgung und extreme Kälteeinflüsse, die jede Rettungsaktion zu einer Logistik‑ und Überlebensfrage machen.
Der pakistanische Militärflughafen in Rawalpindi, zuständig für die Bergrettung, hat seit Jahren klare Vorgaben: Über 5.000 Meter ist das Wetter zu dünn, um Hubschrauber‑Rotoren sicher zu betreiben. Diese Beschränkung wurde nach mehreren schweren Unfällen in den 1990er‑Jahren festgeschrieben und wird von der Army Aviation Corps streng eingehalten.
Der Unfall und die ersten Stunden
Gegen 09:00 Uhr lokaler Zeit meldete Andreas Dahlmeier über das Garmin inReach‑Gerät seiner Tochter ein Notruf‑Signal. Laut Angaben der Familie befand sich Laura auf einer Solo‑Route an der Südwestflanke des Latok III, als sie in eine Lawine geriet. Sofort begannen die Koordinatoren der deutschen Botschaft, das Krisenteam zu aktivieren und lokale Kontakte zu informieren.
Durch einen gemeinsamen Freund war bereits klar, dass Thomas Huber, ein Veteran der alpinen Großprojekte, sich für die Rettung in der Nähe befand. Innerhalb einer Stunde hatte Huber per Satelliten‑Nachricht reagiert und vereinbart, zusammen mit dem amerikanischen Bergführer Tad McCrea den Aufstieg zu starten. Um 12:00 Uhr war die Ausrüstung – Seile, Steigeisen und Sauerstoffflaschen – bereit.
Rettungsaktion: Koordination und Hindernisse
Der Plan sah vor, dass das pakistanische Militär einen Hubschrauber aus Islamabad nach 14:00 Uhr yönnen sollte, um die Bergsteiger über 5.000 Meter zu evakuieren. Doch bereits um 13:30 Uhr erreichte das Team die Meldung, dass die Luftbedingungen die Abflüge unmöglich machten. Ein Militärsprecher aus dem Pakistan Armed Forces bestätigte später, dass das Fluggerät erst am nächsten Morgen, gegen 08:00 Uhr, einsatzbereit sei.
Damit standen Huber, McCrea und die beiden Bergretter vor einem ungeplanten Bivouak. Sie errichteten eine Notunterkunft direkt an der Felswand, teilten die letzten Rationen und kämpften mit eisiger Kälte – Temperaturen von minus 25 °C waren keine Seltenheit. In einem Interview für Der Spiegel erinnerte Huber sich: „Mir war klar, dass die Nacht für sie in der Wand hart werden würde. Ich dachte nur: Laura, halte durch.“
Am frühen Morgen des zweiten Tages, nach rund 18 Stunden auf der Höhe, erreichten die Retter schließlich die Stelle, an der Laura zuletzt gesehen worden war. Die Szene war tragisch: keine Rettungs‑ oder Wiederbelebungsmaßnahmen mehr möglich – die Sauerstoffsättigung war bereits kritisch gesunken und die Lawine hatte die Sicherungen zerstört.
Stimmen der Beteiligten
„Wir hätten Laura gern nach Hause gebracht“, sagte Andreas Dahlmeier in einer kurzen Stellungnahme. Er betonte, dass die Familie bereits seit Jahren eng mit dem deutschen Alpenverein zusammenarbeitet und nun um Unterstützung bei der Rückführung der Überreste bitte.
Thomas Huber fügte hinzu, dass das Team alles versucht habe, um das Leben zu retten, aber die Rahmenbedingungen schlicht unmöglich waren. „Keine Hubschrauber, keine Sauerstoffflaschen – wir konnten nur hoffen, dass die Berggipfel‑Wetter‑lage freundlicher wird.“
Der US‑Kletterer Tad McCrea schilderte die physischen Belastungen: „Nach sieben Stunden ohne Schlaf, bei starkem Wind und der Gewissheit, dass jede Minute über Leben und Tod entscheidet, fühlen sich die Berge unbarmherzig an.“
Konsequenzen für die Bergrettung in Pakistan
Der Vorfall wirft ein grelles Licht auf die derzeitige Rettungs‑Infrastruktur der Region. Während das Militär grundsätzlich für Notflüge zuständig ist, gibt es kein etabliertes System für eigentliche Hochgebirgs‑Bergrettungs‑Teams, die aus Mehrzweck‑Helikoptern, Wetter‑Drohnen und spezialisierten Alpinisten bestehen. Fachleute aus der International Federation of Mountain Guides Associations (IFMGA) hatten bereits 2020 vorgeschlagen, ein gemeinsames Krisen‑Kommandobüro zwischen Pakistan, den Nachbarländern und internationalen Alpinisten‑Verbänden zu schaffen.
Einige Analysten sehen im tragischen Tod von Laura Dahlmeier einen möglichen Wendepunkt: Wenn die pakistanische Regierung die regulatorische Deckelung für Hubschrauber‑Einsätze über 5.000 Meter lockert, könnten zukünftige Rettungen schneller und lebensrettender ablaufen. Gleichzeitig bleibt die physikalische Grenze – dünne Luft – ein unüberwindbares Hindernis, das eher zu improvisierten Boden‑Evakuierungen führt.
Ausblick: Was könnte sich ändern?
In den kommenden Wochen wird die Alpenverein‑Deutscher Alpenverein (DAV) gemeinsam mit der »Alpine Club of Pakistan« prüfen, ob internationale Rettungsteams bei kritischen Notfällen vor Ort sein dürfen. Weiterhin diskutieren Experten die Einführung von dronengestützten Such‑ und Kommunikationsplattformen, die bei dünner Luft lieber als Helikopter Unterstützung bieten könnten.
Unabhängig von technischen Lösungen bleibt die emotionale Komponente: Für die Familien, die Freunde und die ganze Bergsteiger‑Community ist Laura Dahlmeiers Schicksal ein Mahnmal, das die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens in extremen Höhen erneut vor Augen führt.
- Datum und Ort: Ungefähr 09. April 2025, Latok‑Gruppe, Karakorum, Pakistan
- Höhe: ca. 5.800 m über dem Meeresspiegel
- Beteiligte Retter: Thomas Huber (DE), Tad McCrea (USA), lokale pakistanische Helfer
- Hindernisse: Keine Hubschrauber‑Einsätze über 5.000 m, niedriger Sauerstoffgehalt, Lawinengefahr
- Folge: Diskussion über Reformen der Bergrettung in Pakistan
Häufig gestellte Fragen
Wie kam es zu der Verzögerung des Hubschraubereinsatzes?
Der Pakistan Armed Forces erklärt, dass die Luftdichte ab 5.000 m zu niedrig ist, um die Rotoren sicher zu betreiben. Bei den vorherrschenden Wetterbedingungen am Unfalltag war ein Flug technisch unmöglich, weshalb das Team den Hubschrauber erst für den nächsten Morgen einplanen konnte.
Wer war an der Rettungsaktion beteiligt?
Die Kernmannschaft bestand aus dem deutschen Alpinisten Thomas Huber, dem amerikanischen Bergführer Tad McCrea und lokalen Helfern, die vom pakistanischen Militär koordiniert wurden. Zusätzlich war Andreas Dahlmeier, Vater des Opfers, in der Kommunikation involviert.
Welche Maßnahmen werden künftig ergriffen, um ähnliche Fälle zu verhindern?
Der Deutsche Alpenverein und der Alpine Club of Pakistan prüfen die Einrichtung gemeinsamer Bergrettungsteams und die Nutzung von Drohnen für die Erstversorgung. Auch eine mögliche Anpassung der militärischen Flugrichtlinien für besonders kritische Einsätze wird diskutiert.
Wie beeinflusst die dünne Luft die Rettungsarbeiten?
In 5.800 m Höhe beträgt der Sauerstoffgehalt nur etwa die Hälfte des Meeresspiegels. Das reduziert sowohl die körperliche Leistungsfähigkeit der Retter als auch die Möglichkeit, Hubschrauber sicher zu fliegen, weil die Luft nicht genug Auftrieb erzeugt.
Wird Laura Dahlmeiers Leichnam nach Deutschland zurückgebracht?
Nach dem offiziellen Todestest hat die Familie den Wunsch geäußert, die Überreste nach Deutschland zu überführen. Derzeit wägen die pakistanischen Behörden und die deutschen Botschaft die logistischen und rechtlichen Schritte dafür ab.